Stricktrick, ......auftrennen, ......
Auf eine von William Morris (1834 – 1896) – einem Mitbegründer des «Arts and Crafts Movement» – entworfene, ornamental gemusterte Tapete in der Bibliothek der Villa Flora projiziert Eveline Cantieni ihr Video «Stricktrick, ...... auftrennen, ......». Ein mit einer selbst gebastelten Strickliesel in zeitaufwendiger Arbeit hergestellter langer dicker Strickschlauch aus Sonnenschutznetz wird darin von unsichtbarer Hand aufgetrennt, was aufgrund des verwendeten Materials eher ruppig und mühsam vonstatten geht. Die Schlauchschnur bietet Widerstand, immer und immer wieder in der unendlichen Wiederholung, die als Loop abläuft. Die Auflösung kommt zu keinem Ende, sie gerät mit jeder aufgezogenen Schlaufe erneut ins Stocken. Der in der digitalen Vergrösserung verfremdete Gewebeausschnitt der gestrickten Plastikschnur legt sich partiell über die Tapete aus Papier und gibt sie gleich darauf wieder an anderer Stelle frei. Der starke Schwarzweisskontrast unterstreicht einen in die Sichtbarkeit geholten, betont physisch wahrnehmbaren Kraftverzehr.
Sabine Arlitt, Kunsthistorikerin
November 2020
link Ausstellung
Ein heimliches Thema der Ausstellung ist auch Hedy Hahnloser selbst. Zumindest gewinnt man diesen Eindruck bei Eveline Cantienis Video in der Bibliothek. Cantienis Werk kreist oft um stereotype weibliche Tätigkeiten wie das Stricken, Sticken und Häkeln. Hahnloser war in diesem Bereich selbst kreativ tätig.
Unbestritten erhält daher Cantienis Video in der Bibliothek eine besondere Bedeutung. Es suggeriert auf der gemusterten Wandbespannung Strickbewegungen, die man spontan mit gefrässigen Reptilien assoziiert. Die dynamisch-agressive Aktion überlagert das starre Muster der Projektionsfläche und bringt so zwei Zeit(ge-)schichten in einen spannungsvollen Dialog.
Auszug aus: Ab in den Schredder mit den alten Mythen_Adrian Mebold_Der Landbote Dienstag, 1, Dezember 2020
Hinweis Kunstbulletin 12/2020: link