Mit ihrer Installation «Geduld» aus dem Jahr 2020 entwickelt die Künstlerin Eveline Cantieni einen bedeutenden Aspekt ihres bisherigen Schaffens weiter.
Textilien und ihre Komponenten - die Fäden - sind Leitmotive, die sich durch ihre Arbeiten ziehen. In den neuesten Werken verknüpft sie sprachliche Metapher und visuelle Installation zu einem vielschichtigen Werk: Geduld beschreibt man oft als Faden oder – wie das Leben – an einem seidenen Faden hängend. Irgendwann reisst der Geduldsfaden – mit unabsehbaren Folgen. Die Fäden der Installation «Geduld» reissen nicht so schnell - sind nicht aus Seide, sondern gerolltem Sonnenschutznetz. Sie halten das Warten aus, aufgehängt an Kleiderbügeln wie Mäntel an einem Garderobenständer. Sie warten darauf, von ihren Besitzern abgeholt zu werden. Geduld zu haben bedeutet nicht, Zeit totzuschlagen bis etwas geschieht – die Fäden der Installation lassen sich gedanklich zu neuen Gebilden vernetzen, zu Schlingen auslegen, zu Linien verknüpfen. Geduld beinhaltet nicht nur die Fähigkeit zu warten, sondern auch die Fähigkeit, aus der Wartezeit etwas zu erschaffen, selbst wenn das Ziel einer Tätigkeit nicht absehbar ist. Was wohl mit den Fäden der Installation «Geduld» im Schrank geschieht? Die Fäden verheddern und verknüpfen sich, sie werden zu einem wilden Haufen. Sie quellen über - und platzen fast vor Ungeduld.
Text: Christina Peege